Politische Inhalte gehören längst zum digitalen Alltag junger Menschen – oft eingebettet zwischen Unterhaltung, Trends und persönlichen Stories. Genau hier setzt die aktuelle Studie „How to Sell Democracy Online (Fast)“ des Progressiven Zentrums e. V. an und zeigt, wie stark Social-Media-Plattformen wie Instagram und TikTok inzwischen das politische Meinungsbild prägen. Denn für viele Jugendliche sind sie der wichtigste Ort, an dem sie überhaupt mit Politik in Berührung kommen. Gleichzeitig offenbart sich ein Spannungsfeld: Während politische Informationen auf Kurzvideo-Plattformen allgegenwärtig sind, gelingt es moderat-demokratischen Akteur:innen bislang nur begrenzt, junge Nutzer:innen dort glaubwürdig und wirksam zu erreichen.
Was die Studie untersucht
Die Untersuchung basiert auf einer Kombination aus KI-gestützter Inhaltsanalyse von rund 31.000 politischen Kurzvideos, Gruppendiskussionen mit jungen Menschen sowie einer repräsentativen Online-Befragung. Diese methodische Breite erlaubt einen vielschichtigen Blick darauf, was politische Akteur:innen senden, wie junge Menschen Inhalte wahrnehmen und welche Formate tatsächlich funktionieren. Damit schließt die Studie eine Forschungslücke, denn politische Kommunikation in Kurzvideoformaten wurde bislang nur punktuell untersucht, vor allem im Kontext populistischer Akteur:innen.
Zentrale Befunde
Besonders deutlich wird, dass politische Kommunikation häufig an der Lebenswelt junger Menschen vorbeigeht. Die meisten Posts drehen sich laut Analyse um institutionelle Prozesse, Wahlen oder parteiinterne Themen, also Inhalte, die selten an die Bedürfnisse oder Perspektiven junger Menschen anknüpfen. Gleichzeitig zeigt sich, dass Beiträge mit einem erkennbaren Jugendbezug nicht nur lieber gesehen werden, sondern auch mehr Reichweite erzeugen.
Auch stilistisch gibt es klare Vorlieben. Junge Menschen wünschen sich einfache Sprache, nachvollziehbare Botschaften sowie technische Sauberkeit und keine komplexen, überladenen Infografiken oder unglaubwürdige, ironische Tanzeinlagen. Stattdessen werden Selfie-Videos überraschend positiv bewertet, da sie Nähe und Authentizität vermitteln. Angriffe auf politische Gegner erzielen zwar hohe Abrufzahlen, sind jedoch inhaltlich wenig beliebt.
Die Plattformlogik rückt ins Zentrum
Ein weiterer Kernpunkt der Studie: Plattformen verstärken bestimmte Kommunikationsstile und das oft nicht zugunsten demokratischer Akteur:innen. Insbesondere auf TikTok dominieren Inhalte, die emotionalisieren, provozieren oder polarisieren. Genau das nutzen populistische und radikale Bewegungen strategisch aus, während demokratische Parteien aufholten, aber noch immer nicht ausreichend sichtbar sind. Ihre Inhalte erreichen die junge Zielgruppe meist seltener und später oder eben gar nicht.
Die Studie versteht sich ausdrücklich als praxisnahe Orientierungshilfe. Sie zeigt, welche Formate funktionieren, wie Inhalte zugänglicher gestaltet werden können und wie politische Kommunikation glaubwürdiger wirken kann. Für demokratische Akteur:innen geht es dabei um mehr als Reichweite. Es geht um die Chance, junge Menschen in ihrer politischen Selbstwirksamkeit zu stärken und sie verlässlich in den demokratischen Diskurs einzubinden und zwar dort, wo sie sich tatsächlich aufhalten.
Titel
How to sell democracy online (fast)
quelle (Erscheinungsjahr)
Das Progressive Zentrum e. V. (2025)
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