Clearingstelle Medienkompetenz der Deutschen Bischofskonferenz an der KH Mainz
 
Dark Patterns und Digital Nudging in Social Media – wie erschweren Plattformen ein selbstbestimmtes Medienhandeln?

Dark Patterns und Digital Nudging in Social Media – wie erschweren Plattformen ein selbstbestimmtes Medienhandeln?

Dark Patterns und Digital Nudging in Social Media (Titelbild)Betreiber von Websites und Social-Media-Diensten haben ein hohes Interesse, dass Nutzer:innen möglichst lange bei ihren Angeboten bleiben. Denn nur so lassen sich möglichst viele Daten generieren und eine größere Menge an Werbung ausspielen. Um das zu erreichen, nutzen sie unterschiedliche Tricks: Digital Nudging sowie Dark Patterns.
Dabei bezeichnet Digital Nudging alle Techniken, mit denen Nutzer:innen durch ein gezieltes Design von Benutzeroberflächen in ihrem Verhalten beeinflusst werden sollen. Die Autor:innen haben in den zugrundeliegenden Studien insgesamt 12 Muster von emotionalen Formulierungen über monetäre Anreize bis hin zu Verknappungshinweisen („Nur noch zwei Zimmer zu diesem Preis verfügbar“) entdeckt, die unter diesen Begriff fallen. Eine besondere Rolle spielen Dark Patterns. Damit werden Beeinflussungen durch die grafische Gestaltung von Benutzeroberflächen wie farbliche Hervorhebungen oder vorausgefüllte Felder bezeichnet, die die Nutzer zu einem erwünschten Klickverhalten führen soll. Beide Begriffe, die allerdings auch in den zitierten Studien nicht völlig trennscharf genutzt werden, bezeichnen also manipulative Techniken.

Aufgrund des hohen Zuspruchs, den Social Media vor allem in der Zielgruppe der 14- bis 29-Jährigen haben, stellt sich damit die Frage, welche Effekte diese manipulativen Techniken auf eine intensive oder gar problematische Social-Media-Nutzung haben. Tatsächlich befassen sich die wenigen bislang vorliegenden Untersuchungen mit unterschiedlichen Erklärungsansätzen. Dass es Dark Patterns auf Social Media-, Streaming- und anderen Plattformen gibt, ist unstrittig. Aber Nutzer:innen ist dies zum einen nicht immer bewusst. Zum anderen können sie sich dem Einfluss außer durch Beendigung der Nutzung kaum entziehen.

Wie nehmen Jugendliche Digital Nudging und Dark Patterns wahr?

Im Kern stellt die Studie dar, welche Elemente von Dark Patterns und Digitale Nudging die von Jugendlichen meistgenutzten Social-Media-Anwendungen bieten und wie Jugendliche diese wahrnehmen und bewerten. Darüber hinaus geht es um Strategien des Umgangs der Nutzer:innen und damit um mögliche (medien-)pädagogische Interventionen.

Die elf Fallinterviews zeigen, dass die Jugendlichen eher eine diffuse Wahrnehmung des Problems haben. Insofern damit zum Teil Komfort oder ein subjektiv angenehmes Nutzererlebnis verbunden ist, bewerten die Jugendlichen auch offensichtliche Nudging-Aspekte nicht unbedingt negativ.

Neben technischen Strategien wie Nutzungszeiteinstellungen oder Adblockern spielen für Jugendliche auch Strategien der Selbststeuerung eine Rolle. Dazu gehören etwa eine bewusste Nutzung von Social Media oder ein nur zeitverzögertes Rezipieren von und Reagieren auf Nachrichten. Allerdings ist dabei nochmals zu unterscheiden zwischen Techniken, die bekannt sind, und solchen, die sie tatsächlich nutzen.

Eine Sekundäranalyse zeigt Aspekte für die Entstehung einer problematischen Nutzung sozialer Medien auf, wobei multikausale Erklärungsansätze sehr wahrscheinlich sind. Eine zentrale Rolle spielt dabei durchweg eine konsequente Medienerziehung: „Als Handlungsempfehlungen ließen sich aus diesen empirischen Befunden ableiten, dass klare Regeln und ggf. konsequente Einschränkungen der Nutzung sozialer Medien hilfreich sein könnten, um einer zukünftigen problematischen Nutzung sozialer Medien vorzubeugen.“ (S. 138)

Damit rückt in den abschließenden Handlungsempfehlungen außer Selbstverpflichtungen der Anbieter und technischen Maßnahmen neben der Medienkompetenzvermittlung an Kinder und Jugendliche auch die notwendige Elternarbeit sowie die Qualifizierung pädagogischer Fachkräfte nochmals in den Fokus.

Titel

Prof. Dr. Rudolf Kammerl, J.-Prof. Dr. Michaela Kramer, Dr. Jane Müller, Katrin Potzel, Moritz Tischer & Prof. Dr. Lutz Wartberg: Dark Patterns und Digital Nudging in Social Media – wie erschweren Plattformen ein selbstbestimmtes Medienhandeln? Expertise für die Bayerische Landeszentrale für neue Medien

Quelle (Erscheinungsjahr)

Bayrische Landeszentrale für neue Medien – BLM (2023) (Hrsg.): Schriftenreihe der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien, Bd. 110. Baden-Baden: Nomos.

Download als PDF über die Website des Herausgebers:

www.blm.de